Auch die Vorbereitung eines Gipfels folgt festen Verfahren: die Agenda ergibt sich aus den anstehenden Herausforderungen und den Interessen der Mitgliedstaaten. Treffen dabei unterschiedliche Vorstellungen aufeinander, versuchen die NATO-Diplomaten, Streitpunkte bereits vor dem Gipfel weg zu verhandeln oder mit Formelkompromissen zu überdecken.
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Darüber hinaus bemüht sich der Apparat in Brüssel, neben den großen Themen auch die Wünsche einzelner Länder oder Ländergruppen zu berücksichtigen, was regelmäßig zu überlangen Abschlusskommuniqués führt. Ist dieses umfangreiche Gipfeldokument mit allen Beschlüssen in seinen Grundzügen vorbereitet, was in der Regel ein paar Tage vor dem Gipfel der Fall ist, steht einem mehr oder minder harmonischen Treffen nichts mehr im Weg.
Nur in Ausnahmefällen werden die Chefs, also die Präsidenten, Kanzler oder Premierminister, noch mit der Klärung verbliebener Unstimmigkeiten auf dem Gipfel selbst befasst. Ist die letzte fehlende Formulierung gefunden, wird Einigkeit demonstriert. Man konferiert in der Regel in zwei Sitzungen mit allen Staatslenkern sowie einem gemeinsamen Abendessen. Zusätzlich laufen Treffen in allen möglichen Untergruppen oder mit wichtigen nicht-NATO Ländern.
Mit Trump wurde alles anders
Diese eingespielten Verfahren wurden 2018 aufgebrochen, als der neue US-Präsident Donald Trump erst zum zweiten Mal an einem Gipfel in Brüssel teilnahm. Verlief der erste Gipfeltag noch halbwegs einträchtig, explodierte der Präsident am zweiten Tag in damals noch unbekannter Trump-Manier, beschimpfte die Verbündeten und drohte mit dem Rückzug der USA aus der Allianz.
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Diese Erfahrung war für die NATO derart traumatisch, dass der Folgegipfel 2019 in London in „Leaders Meeting“ umbenannt wurde, das deutlich kürzer war und dessen Abschlusserklärung nur neun, statt der üblichen neunzig bis einhundert Agenda-Punkte enthielt.
Entsprechend angespannt ist heute die Lage im Bündnis vor dem kommenden NATO-Gipfel am 24. Juni in Den Haag. Die Gefahr eines weiteren Desasters ist diesmal größer, weil mittlerweile deutlich wurde, dass sich die zweite Amtszeit des amerikanischen Präsidenten deutlich von seiner ersten unterscheidet. Trump II ist nicht mehr nur allianzkritisch, sondern geradezu neoimperial und träumt von der Annexion Grönlands (NATO-Gebiet!) oder der Eingliederung Kanadas in die USA. Er betrachtet die NATO als ein Tributsystem, das heißt, es geht ihm nicht nur um faire Lastenteilung, sondern vor allem um Machtausübung. Die Europäische Union, die einst mit Hilfe der USA zustande kam, sieht es als Institution an, deren Daseinszweck es ist, „to rip off the United States“ – also, Amerika über den Tisch zu ziehen.
Der drohende Rückzug
Den wirklichen Bruch zwischen Washington und den übrigen NATO-Mitgliedern – außer Ungarn –
markierte aber der Moment, als Trump in grotesker Umkehr der Tatsachen die Ukraine des Angriffs auf Russland beschuldigte und sich sichtbar auf die Seite Putins schlug. Dies richtete sich gegen alles, was bislang als transatlantische Wertebasis angesehen worden war. Die Drohung, die traditionell amerikanische Position des NATO-Oberbefehlshabers (SACEUR – Supreme Allied Commander Europe) nicht mehr mit einem US-Offizier zu besetzen und sich damit schrittweise aus der militärischen Integration herauszuziehen, war dann nur noch ein Detail am Rande.
Damit steht die Allianz vor der Herausforderung, in Den Haag Einigkeit zu demonstrieren und disruptive Ausfälle eines Präsidenten zu vermeiden, der stets die große Bühne für dramatische Gesten sucht. Entsprechend wird derzeit am Drehbuch des Gipfeltreffens gearbeitet.
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Zunächst soll es ein betont kurzes Treffen mit nur einer Arbeitssitzung und einem gemeinsamen Essen geben. Auch versucht man, zu zahlreiche, zu komplizierte oder gar kontroverse Einzelthemen auszublenden – anders als bei herkömmlichen Gipfeln, bei denen die lange Abschlusserklärung auch immer ein Kompendium aller aktuellen Beschwernisse der Mitglieder ist. Stattdessen soll es eine ganz knappe Erklärung geben, in der drei Themen im Mittelpunkt stehen: Einigkeit im Bündnis, Finanzen und Lastenteilung sowie die Unterstützung der Ukraine.
Hilfreiche Mechanik
Bei der Sache mit der Einigkeit kommt der Allianz zupass, dass gerade ein neuer Zyklus des Verteidigungs-Planungsprozesses (NDPP – NATO Defence Planning Process) der NATO beginnt. Alle vier Jahre einigt sich die NATO auf der Basis von jeweils neu beschlossenen „Politischen Richtlinien“ auf Streitkräfteziele für die einzelnen Bündnismitglieder, die in den kommenden vier Jahren erreicht werden sollen. Dies war in der Vergangenheit stets ein eher theoretisch-planerischer Prozess, weil es kein konkretes und reales Konfliktszenario gab, auf das man sich hätte vorbereiten müssen. Auch wurde es mit der Umsetzung der Zusagen nicht sehr genau genommen.
Mit Russlands Krieg gegen die Ukraine und den aggressiven Ambitionen Moskaus wurde offensichtlich, dass die NATO auf die Verteidigung gegen einen nuklear bewaffneten Gegner vorbereitet sein muss. Die für den neuen Zyklus erforderlichen „Politischen Richtlinien“ wurden bereits 2024 auf dem Gipfel von Washington verabschiedet, die daraus abgeleiteten Streitkräfteziele sollen nun in Den Haag beschlossen werden. Normalerweise sind solche Streitkräfteziele kein Thema für ein Treffen der Staats- und Regierungschefs, sondern werden auf den regelmäßigen Zusammenkünften der NATO-Verteidigungsminister behandelt. Da sie aber weitgehend unkontrovers sind und gerade die Europäer die ernsthafte Absicht haben, diese Ziele auch umzusetzen, setzt man sie medienwirksam auf die Gipfelagenda und kann damit Bündniskohäsion betonen.
Das 5-Prozent-Ziel
Auch bei den Finanzen und der Lastenteilung im Bündnis spricht die aktuelle Debatte eher für die NATO. Die überwiegende Mehrheit der europäischen Bündnispartner hat sich auf die vor wenigen Jahren noch undenkbare Zahl von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung geeinigt, wobei die konkrete Formel „3,5 + 1,5“ lautet: 3,5 Prozent sollen in die Verteidigung fließen und 1,5 Prozent in die Modernisierung der verteidigungsrelevanten Infrastruktur. Auch wenn vermutlich noch lange gestritten wird, was denn alles in den Infrastrukturhaushalt eingerechnet werden kann, so ist vor allem ausschlaggebend, dass die 3,5 Prozent kein politisch vorgegebener Wert sind, wie das seit langem geltende Zwei-Prozent-Ziel, sondern sich aus dem konkreten Bedarf ergeben. NATO-Generalsekretär Rutte hatte schon vor Monaten darauf hingewiesen, dass man automatisch bei etwa 3,5 Prozent landen würde, wenn jedes NATO-Mitglied seine im jüngsten Planungszyklus gemachten Zusagen erfüllen würde. Diese bemerkenswert offene Aussage über die bisherige Ausgabendisziplin der Mitglieder erregte zwar einigen Unmut im Bündnis, allerdings hatte kein NATO-Land ihr ausdrücklich widersprochen.
Aus deutscher Sicht hilft ebenfalls, dass die neue Bundesregierung mit erheblichen Ausgabenpaketen sowohl für die Streitkräfte als auch für die Infrastruktur angetreten ist, wobei letzteres teilweise eine militärische Bedeutung hat. Auch die deutsche Kampfbrigade in Litauen nimmt zunehmend Gestalt an und sendet ein deutliches Signal, nicht nur an Russland, sondern auch an die USA.
Von amerikanischer Seite wurden ebenfalls Signale der Harmonie gesendet, indem darauf verwiesen wurde, dass es im anstehenden „Force Posture Review“ – einer regelmäßigen Bewertung der internationalen militärischen Präsenz der USA – zwar zu Kürzungen bei den Streitkräften in Europa kommen wird, diese aber rechtzeitig kommuniziert würden, um Überraschungen auf europäischer Seite zu vermeiden. Auch der demnächst ausscheidende NATO-Oberbefehlshaber, General Christopher Cavoli, soll wohl wieder einen amerikanischen Nachfolger erhalten.
Streitthema Ukraine
Eher schwierig stellt sich die Lage beim dritten Gipfelthema dar, der weiteren Unterstützung der Ukraine. Während diese Unterstützung gegen die russischen Angriffe aus europäischer Sicht außer Frage steht, wird man sich mit Washington kaum auf eine russlandkritische Formulierung in der Gipfelerklärung einigen können. Es ist bislang nicht einmal klar, ob Kyjiw überhaupt zum Gipfel eingeladen wird. Andererseits ist Teilen der Trump-Administration bewusst, dass eine Nicht-Einladung des ukrainischen Präsidenten ein großes Thema auch in den USA werden würde, da die Gegnerschaft zu Russland auch bei Trump-Unterstützern verbreitet ist. Die großen „Europäischen Vier“, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Polen, arbeiten bereits an einem Plan B, um Präsident Wolodymyr Selenskyj gebührend zu würdigen, falls er nicht bei den offiziellen Gipfelgesprächen dabei sein kann.
Ob all diese Bemühungen, in Den Haag einen Eklat zu vermeiden, Früchte tragen, wird sich erst im letzten Moment des Gipfels erweisen. Üblicherweise tritt der US-Präsident am Ende des Treffens für einige Minuten vor die Presse, um seine Einschätzung der Ergebnisse für das heimische Publikum zu geben. Ungeachtet des Sprechzettels, den ihm der amerikanische NATO-Botschafter für diesen Fall vorbereitet, wird der Präsident das verkünden, was ihm gerade in den Sinn kommt – und das sind in der Regel keine positiven Urteile über Bündnisse und Alliierte. Dies würde alle geplanten Signale der Einigkeit in der Allianz zunichtemachen.
Allerdings kämen solche Ausfälle weniger unerwartet als 2018. Mancher in der NATO hat sich außerdem den TACO-Spruch aus der amerikanischen Zollpolitik zu eigen gemacht: „Trump Always Chickens Out“ – Trump macht jedes Mal einen Rückzieher.
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