Wo Bill Kaulitz zu Bill Kaulitz wurde: Mit dem VOGUE-Coverstar auf Spurensuche in Loitsche

Bill hat sich dort stark verändert, und zwar zum absolut Positiven. Vor allem in den letzten Jahren wurde das noch mal richtig deutlich. Er war früher melancholisch und deutlich introvertierter, ja er hatte was Schweres an sich. Durch den Podcast “Kaulitz Hills – Senf aus Hollywood”, den die beiden seit 2021 haben, hat er wohl gelernt, wie befreiend es ist, sich offen mitzuteilen. Und wie gut es tut, zu erkennen, dass man so gemocht wird, wie man ist. Das und auch die Freiheit in Los Angeles haben ihm geholfen, sich selbst besser zu verstehen. Ich habe gesehen, wie er gewachsen ist und wie gut es ihm jetzt tut, einfach er selbst sein zu können und sein Innerstes nach außen tragen zu dürfen.

Die Bahnstation, zu der Bill früher immer ging (Fußweg ca. 45 Minuten), um nach Magdeburg zu fahren. Hemd, Lederjacke mit Prägung, Hose, Boots, Sonnenbrille, Ohrringe und Gürtel mit Kettendetail, alles von LOUIS VUITTON. Septum- und Lippenpiercings, privat.

Foto: Frederike Helwig. Styling: Niki Pauls. Haare: Patrick Gorra. Make-up: Natalie Franz

Über die Privatperson Bill Kaulitz: Lebensbejahend, offen, großzügig

Ich würde Bill als warmherzigen und lebensbejahenden Menschen beschreiben. Er war noch nie jemand, der Dinge endlos durchdenkt oder den Zweifel plagen. Typisch für ihn ist: Es bietet sich ihm eine Chance, und er sagt sofort Ja. Immer rein ins Abenteuer. Bei all dem Selbstbewusstsein kann er aber auch schüchtern sein, besonders wenn es um romantische Dinge geht. Das ist total niedlich. Er ist trotz seiner lauten Klappe sensibel, hat ein großes Herz und Empathie für andere. Wahrscheinlich hat er deswegen auch so viele gute Freundinnen und Freunde. Er ist nicht wie andere Stars, die ihren Zirkel bewusst klein halten oder Schwierigkeiten haben, anderen zu vertrauen.

“Typisch für Bill ist: Es bietet sich ihm eine Chance, und er sagt sofort Ja. Immer rein ins Abenteuer.”

Andreas Gühne

Er trägt sein Herz auf der Zunge. Er teilt mit seinen engsten Vertrauten nicht nur gern alles Materielle, sondern auch Gedanken und Geheimnisse. Nach einer Tour oder anderen intensiven Arbeitsphasen zieht er sich natürlich mal zurück und lädt seine sozialen Batterien wieder auf, aber insgesamt ist er jemand, der gern unter Leuten ist, am liebsten bunt gemischt, aus unterschiedlichen Bereichen mit den verschiedensten Lebensrealitäten. Wenn er zum Beispiel mit Tom seinen Geburtstag feiert, ist es für ihn das Schönste, zu beobachten, wie all diese Kontraste aufeinandertreffen und was sich daraus entwickelt.

DHL-T-Shirt von VETEMENTS ARCHIVE, Frühjahr/ Sommer 2016. Sakko und Hose, beides von LORO PIANA. „Boston“-Clogs von BIRKENSTOCK. Sonnenbrille von BOTTEGA VENETA. Diamantencollier von WEMPE. Ohrringe und Ringe, beides von BVLGARI. Septum- und Lippenpiercings, privat.

Foto: Frederike Helwig. Styling: Niki Pauls. Haare: Patrick Gorra. Make-up: Natalie Franz

Ungerechtigkeit macht ihn richtig sauer, er setzt sich immer für Fairness ein. Das schätze ich bei ihm nicht nur als Freund, sondern auch als Businesspartner. Wir arbeiten oft gemeinsam an Projekten, ich bin freier Art Director und Grafikdesigner und habe neben Albumcovern und -kampagnen auch kürzlich seinen eigenen Tequila designt. Es ist angenehm, mit ihm zu arbeiten. Wir vertrauen uns, und es gibt kein noch so ehrliches Wort, das einer von uns missverstehen könnte. Seine Fähigkeit, anderen ein gutes Gefühl zu geben, macht ihn für mich zu einem wirklich besonderen Menschen.

“Lange hat er seine Sexualität vor der Öffentlichkeit versteckt, auch wegen der Fans und weil diese Neutralität von ihm erwartet wurde, das hat ihn sehr belastet. Ich bin so froh für ihn, dass er inzwischen einfach alles raushauen kann, was ihm auf der Seele liegt.”

Andreas Gühne

Ich kann mich noch gut an unser Outing voreinander erinnern, da waren wir schon 18. Es war bei einem meiner Besuche in ihrer Hamburger Villa, und als wir uns gute Nacht wünschten, meinte er zu mir: “Ich muss dir morgen was sagen.” Ich erwiderte: “Ich glaube, ich weiß, was es ist, und ich muss dir und Tom auch was sagen.” Er: “Ich glaube, ich weiß auch, was es ist.” Wir lachten beide. Lange hat er seine Sexualität vor der Öffentlichkeit versteckt, auch wegen der Fans und weil diese Neutralität von ihm erwartet wurde, das hat ihn sehr belastet. Ich bin so froh für ihn, dass er inzwischen einfach alles raushauen kann, was ihm auf der Seele liegt. Er ist zu hundert Prozent authentisch. So wie er sich in der Netflix-Doku oder im Podcast gibt, so ist er auch privat. Er verstellt sich nie. Muss er auch gar nicht, denn richtig schlechte Seiten hat er eigentlich nicht. Er ist vielleicht etwas ungeduldig und möchte, dass Dinge sofort geschehen. Diese Ungeduld frustriert ihn manchmal. Er ist sehr ordentlich, manchmal vielleicht fast schon pedantisch. Wenn bei Besuch zum Beispiel die benutzte Kaffeetasse auf dem Couchtisch stehen gelassen wird, dann weiß ich, dass ihn das nervt.