Paukenschlag in der deutschen Biotechszene: Das in der Corona-Pandemie zu Weltruhm aufgestiegene Mainzer Biotechnologieunternehmen Biontech will über eine öffentliche Übernahme den heimischen mRNA-Rivalen Curevac aus Tübingen schlucken. Der Abschluss eines bindenden Kaufvertrags wurde am Donnerstag bekanntgegeben.
Site | Subscription Price | Supported Countries |
---|---|---|
FuboTV | 5-day free trial, $10–$90/month | USA, Canada, Spain |
ESPN+ | $11.99/month | USA |
Fanatiz | €6.99–€10.99/month | Worldwide |
StreamLocator | 7-day free trial, no credit card required! $9.90/month | Worldwide |
1,25 Milliarden Dollar (1,09 Milliarden Euro) dürfte der Deal umfassen, den Biontech komplett mit Aktien finanzieren will. Dafür bietet es den Curevac-Anteilseignern – darunter der deutsche Staat – einen Preis von circa 5,46 Dollar je Aktie, was eine Prämie von 55 Prozent auf den volumengewichteten Drei-Monats-Durchschnittskurs von Curevac beinhaltet.
Die Mindestannahmeschwelle beträgt 80 Prozent der Curevac-Aktien, kann aber unter bestimmten Umständen von Biontech einseitig auf 75 Prozent gesenkt werden. Der Abschluss der Transaktion wird noch in diesem Jahr erwartet.
Biontech-Chef Şahin erwartet höhere Schlagkraft
Site | Subscription Price | Supported Countries |
---|---|---|
FuboTV | 5-day free trial, $10–$90/month | USA, Canada, Spain |
ESPN+ | $11.99/month | USA |
Fanatiz | €6.99–€10.99/month | Worldwide |
StreamLocator | 7-day free trial, no credit card required! $9.90/month | Worldwide |
„Wir wollen unsere etablierte Position im Bereich der mRNA weiter ausbauen und uns mit den Kompetenzen von Curevac noch breiter aufstellen“, sagt Biontech-Chef Uğur Şahin der F.A.Z. Die Curevac-Übernahme habe dabei eine mittel- bis langfristige Perspektive und stärke Biontech auch im internationalen Wettbewerb. „Wir glauben dadurch noch mehr kritische Masse zu bekommen und für die Zukunft noch eine höhere Schlagkraft generieren zu können“, so Şahin.
Auch Curevac-Chef Alexander Zehnder befürwortet die Transaktion: „Sie unterstreicht die gemeinsame Entschlossenheit, das volle Potential von mRNA als wegweisende Technologie zu nutzen, um transformative Therapien schneller und für mehr Menschen zugänglich zu machen.“ Im Gespräch mit der F.A.Z. ergänzte Zehnder zudem: „Ich glaube, es sind zwei Firmen, die auch kulturell sehr gut zusammenpassen, weil beide eine Science-First-Kultur leben.“
Neue Harmonie unter früheren Rivalen
Diese Harmonie ist nach außen neu. In der Corona-Pandemie standen beide Unternehmen im harten Wettstreit um das Rennen für einen wirksamen Impfstoff gegen das global wütende Covid-19-Virus. Beide waren Pioniere auf dem Gebiet der mRNA-Technologie und galten deshalb als deutsche Hoffnungsträger auf Augenhöhe mit dem dritten Rivalen Moderna aus den USA.
Site | Subscription Price | Supported Countries |
---|---|---|
FuboTV | 5-day free trial, $10–$90/month | USA, Canada, Spain |
ESPN+ | $11.99/month | USA |
Fanatiz | €6.99–€10.99/month | Worldwide |
StreamLocator | 7-day free trial, no credit card required! $9.90/month | Worldwide |
Als der damalige US-Präsident Donald Trump in den Anfangswirren der Pandemie begann, Curevac zu umwerben, griff die Bundesregierung ein: „Wir verkaufen unser Tafelsilber nicht“, sagte der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), als er am 15. Juni 2020 die Öffentlichkeit über den Einstieg des Bundes bei Curevac informierte. Curevac sei ein „vielversprechendes Unternehmen“, die Beteiligung „industriepolitisch von hoher Bedeutung“, ergänzte Altmaier. 300 Millionen Euro zahlte die Staatsbank KfW damals für 23 Prozent der Anteile.
Curevac verlor zunehmend an Boden
Doch das Rennen nahm einen anderen Lauf: Nur einer der beiden schaffte es über die Ziellinie. Biontech wurde mit dem Vakzin „Comirnaty“ zum gefeierten mRNA-Impfstoff-Star, während der Tübinger Kontrahent mit seinem Impfstoff der ersten Generation scheiterte.
Der Rückschlag wog nicht nur schwer für Curevac-Gründer Ingmar Hoerr, der Pionierforschung an der Boten-RNA-Technologie (Englisch mRNA abgekürzt) geleistet hat, und den Hauptgeldgeber, den SAP-Mitgründer und Milliardär Dietmar Hopp. Auch der Bund hatte mit der Beteiligung hoch gepokert und allem Anschein nach auf das falsche Pferd gesetzt.
Denn während Biontech sich mit US-Partner Pfizer in den Corona-Hochjahren die Kassen mit Milliardengewinnen füllte, um das Geld in die Entwicklung von vornehmlich neuartigen Krebstherapien auch fern der mRNA zu stecken, verlor Curevac zunehmend an Boden. Mit Patentklagen gegen Biontech versuchen sich die glücklosen Tübinger doch noch ein Stück vom Corona-Kuchen zu sichern. Bislang ohne eine finale Entscheidung.
Auch an der Börse geriet Curevac unter die Räder. Zuletzt dümpelte der Aktienkurs an der US-Technologiebörse Nasdaq knapp oberhalb von vier Dollar, nachdem eine Aktie dort Ende 2020 noch mehr als 136 Dollar wert war. Die Marktkapitalisierung lag vor Bekanntgabe des Biontech-Deals somit unter einer Milliarde Dollar. Biontech bringt dagegen mehr als 25 Milliarden Dollar auf die Waage.
Große Pläne auf dem Feld der Onkologie
Allerdings arbeitete Curevac abseits des Rampenlichts mit dem britischen Partner GSK weiter an einem Impfstoff der zweiten Generation. Und gerade diese Weiterentwicklung der mRNA-Technologie weckt das Mainzer Interesse.
Nachdem Curevac im vergangenen Jahr seine mRNA-Impfstoffaktivitäten für Grippe und Covid an GSK verkauft hat und sich damit Mittel zur Fokussierung auf die mRNA-Technologie und seine Entwicklungsprojekte in den Bereichen Infektionskrankheiten und Onkologie sicherte, könnten die Verbesserungen an der mRNA einen hohen Wert für Biontechs große Pläne im Bereich der Onkologie haben.
Diese technologischen Bausteine könnten dazu beitragen, dass mit niedrigeren Dosen gleiche beziehungsweise bessere Ergebnisse in der Behandlung mit mRNA-Präparaten erzielt werden. Zudem verfügt Curevac über interessante mRNA-Formulierungen, bringt neue Produktkandidaten ins Portfolio und hat auch Herstellungsschritte optimiert, von denen Biontech profitieren will. Es geht um das Zusammenführen von Kompetenzen und technologischen Synergien. „mRNA ist ein Baukasten für verschiedene Einsatzgebiete in der Medizin und wir vergrößern ihn, damit aus dem dann bessere Produkte mit besseren Eigenschaften entstehen können“, sagt Şahin.
Der Standort Tübingen soll daher als Forschungsstandort mit klinischen Herstellungskapazitäten in das Biontech-Netzwerk integriert werden. Die kommerzielle Herstellung hatte Curevac in der Vergangenheit bereits zurückgefahren. Nach dem Abbau von etwa 30 Prozent der Stellen im vergangenen Jahr beschäftigte Curevac derzeit noch 740 Mitarbeiter, die meisten davon am Tübinger Standort.
„Die Übernahme ist die Möglichkeit, das, was in Tübingen erarbeitet wurde, mit einer größeren Wahrscheinlichkeit zu Produkten zu überführen“, sagt Şahin. Er spricht von einer sehr guten Interaktion mit den Führungskräften und einer positiven Begeisterung, die er in Tübingen im Rahmen der Due-Dilligence-Prüfung vor Ort wahrgenommen hat.
Gegenseitiger großer Respekt
Auch Zehnder betont den gegenseitigen großen Respekt. Für die Curevac-Mitarbeiter könnte es die Chance auf einen Aufbruch sein, wenngleich beide Seiten keine konkreten Angaben zur Zukunft der Mitarbeiter machten. Zehnder sagte dazu: „Unsere Mitarbeitenden werden die Möglichkeit haben, in einem größeren Konzern wissenschaftlich auf Weltniveau zu arbeiten und damit neue Karrieremöglichkeiten bekommen, die sie bei uns selbst nicht gehabt hätten.“
Der Deal wäre aus mehreren Gründen ein Coup: Nicht nur bündeln zwei deutsche Pioniere auf dem Gebiet der mRNA-Technologie damit ihre Fähigkeiten, um Biotechnologie und Medizin „Made in Germany“ auf ein neues Level zu heben. Dieses Ziel verfolgt schließlich auch die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU). Sie will Deutschland in diesen Bereichen zur Schlüsselindustrie machen. Auch Şahin betont die Vorzüge für Deutschland: „mRNA ist eine Zukunftstechnologie. Und Deutschland hat mit seinen Technologien und Herstellungsfähigkeiten eine Spitzenposition, die wir hier noch stärker ausbauen können.“
Ein deutscher Zusammenschluss verhindert zudem eine Übernahme aus dem Ausland, worüber im Fall von Curevac seit Jahren mit Blick auf GSK spekuliert wird. Vor den Familienunternehmern des Landes bezeichnete Kanzler Merz Biontech und Curevac in der Vorwoche bereits als „sensationelle Unternehmen“. Am Dienstag lobte er auf der Verleihung des Nationalpreises zudem den „außergewöhnlichen Mut“ der Biontech-Mitgründer und diesjährigen Preisträger Özlem Türeci und Uğur Şahin.
Auch der Rahmen scheint günstig für alle Beteiligten: Biontech sichert sich die Technologien, Patente und klugen Köpfe von Curevac. Die noch laufenden Patentstreitigkeiten zwischen beiden Unternehmen sollen bis zum Abschluss der Deals ebenfalls geklärt sein, heißt es. Großaktionär Dietmar Hopp, der über sein Family Office dievini bis heute knapp 37 Prozent der Curevac-Aktien hält, würde Biontech-Anteile im Austausch erhalten. Und auch der Bund könnte seine derzeit noch 13,32 Prozent-Beteiligung an Curevac umwandeln. Das Aktienpaket der KfW entspricht bei der im Rahmen der Transaktion implizierte Bewertung von rund 1,25 Milliarden Dollar umgerechnet etwa 145 Millionen Euro. Durch die Umwandlung würde der Staat zwar einen deutlich kleineren Anteil an Biontech halten als derzeit an Curevac. Weniger als ein Prozent würde die Bund-Beteiligung auf dem Kursniveau vor der Bekanntgabe betragen. Der Anteil wäre aber deutlich attraktiver, weil er die Aussicht auf Kursgewinne bietet, sollte Biontech mit seinen großen Plänen für die nahe Zukunft Erfolg haben.
Die Mainzer wollen bis Ende des Jahres die Zulassung für ihr erstes Krebsmedikament in den USA einreichen. Eine Markteinführung wäre dann für das Jahr 2026 geplant, wodurch neue Umsätze in die Kasse käme. Zudem hat Biontech mit einem anderen Wirkstoffkandidaten namens „BNT327“ eine Schlüsseltherapie in der Pipeline, die es bei Erfolg mit der derzeit am Markt umsatzstärksten Krebstherapie Keytruda von US-Konzern Merck & Co. aufnehmen soll. Hierfür sind die Mainzer kürzlich erst eine milliardenschwere Entwicklungspartnerschaft mit dem US-Konzern Bristol-Myers-Squibb eingegangen. „Ich glaube wir haben mit Biontech wirklich gute Perspektiven für die Zukunft“, sagt Şahin.
Curevacs Entwicklungspipeline ist dagegen noch in frühen Phasen. Eine Marktreife und damit verbundene Umsätze sind noch in weiter Ferne, was wenig kurzfristige Impulse für die Curevac-Aktie verspricht. Über den Deal mit GSK hat man sich in Tübingen jedoch Finanzmittel gesichert, um bis 2028 durchzuhalten. Diese 400 Millionen Euro würde Biontech durch die Übernahme als „Cashback“ bekommen. Curevac-Chef Zehnder sagt dazu: „Diese Transaktion gehen wir aus einer Position der Stärke an: Wir sind noch finanziert bis 2028. Wir müssen diesen Schritt nicht machen. Aber wir tun es, weil er strategisch absolut überzeugend ist.“
In dieser Gemengelage überrascht es kaum, dass nicht nur die Curevac-Gremien und das Family Office von Dietmar Hopp, sondern auch die Bundesregierung der Transaktion grundsätzlich positiv gegenübersteht. Biontech rechnet damit, dass die KfW ihre Curevac-Aktien umwandeln wird.