Über 25 Jahre ist es nun schon her, dass Barbara Salesch ihr erstes Urteil im Fernsehen gesprochen hat und zur bekanntesten Richterin Deutschlands wurde. Nach einer zehnjährigen Auszeit feierte die heute 75-Jährige 2022 ihr TV-Comeback. Nun erhält die Juristin bei RTL ein 90-minütiges Special in der Primetime. In “Barbara Salesch – Der größte Prozess ihres Lebens: Die Tote im Rhein” präsentiert sie am 10. Juni ihren wohl bisher aufregendsten Fall. Im Interview mit ntv.de spricht Salesch darüber, warum der Trubel um ihre Person irgendwann zu viel wurde, welche Bedeutung ihre Kunst für sie hat und warum sie True Crime kritisch sieht.
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ntv.de: Vor 26 Jahren hatten Sie Ihren ersten Fernseh-Auftritt. Haben Sie den Wechsel zum Fernsehen jemals bereut?
Barbara Salesch: Nein. Wenn man so etwas angeboten bekommt, sollte man zugreifen. Ich war zu dem Zeitpunkt 49 Jahre alt und hatte in der Justiz schon früh alles erreicht, was ich erreichen konnte. Dann ist etwas Neues gut. Wir haben damals nur nicht gedacht, dass das so ein Erfolg wird und dass es so lange dauern könnte.
Haben Sie sich nach dem Wechsel zum Fernsehen in erster Linie weiter als Richterin gesehen oder als Entertainerin?
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So fing alles an: Barbara Salesch feierte 1999 ihre TV-Premiere.
(Foto: picture alliance/United Archives)
Entertainerin, nein. Ich bin eine Richterin gewesen und die geblieben, die ich war. Einen gewissen Unterhaltungswert hatte ich schon immer. Nur im wirklichen Leben ist alles deutlich langatmiger und man verhandelt nicht zur Unterhaltung der Zuschauer. Ansonsten unterscheidet es sich aber nicht so furchtbar. Wenn man eine normale Gerichtverhandlung filmen und sie auf 40 Minuten zusammenschneiden würde, käme ziemlich genau das heraus, was man im Fernsehen sieht. Eben alles aufs Wesentliche komprimiert.
Wie nah oder fern sind die Kriminalfälle der Realität?
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Sehr nah. Darauf achte ich auch. Ich bekomme die Drehbücher und ich überarbeite sie alle so, dass es genau so hätte passiert sein können. Aber es sind keine echten Fälle, die wir nachspielen. Ich bin nämlich keine Freundin von True Crime. Bei True Crime erhalten die Täter zu oft die die Gelegenheit, ihre Taten zu vermarkten. Die Opfer werden ein zweites Mal zu Opfern. Das finde ich indiskutabel. Ich kann auch so spannende Geschichten erzählen. Außerdem bin ich lieber kreativ als wiederholend unterwegs.
Trotzdem feiert True Crime seit Jahren einen Riesen-Erfolg. Was glauben Sie, woran das liegt?
Es ist ganz einfach, die Leute wollen diesen Nervenkitzel, diesen Voyeurismus. Und der wird damit bedient. Unter dem Vorwand, dokumentarisch unterwegs zu sein. Alles, womit man Geld verdient, wird gemacht. Das ist auch nicht verboten. Ich hatte in Hamburg jedenfalls 20 Jahre lang genug True Crime.
Und nun gibt es von Ihnen am 10. Juni zur besten Sendezeit wieder etwas Neues: “Barbara Salesch: Der größte Prozess Ihres Lebens. Die Tote im Rhein.” Worauf können wir uns freuen?
Auf ein neues Format. 90 Minuten Fiction. Eine spannende Mischung aus Gericht und Krimi. Üblicherweise wird eine Kriminalgeschichte aus der Sicht der Kriminalpolizei erzählt. Am Ende hat man den Täter und die Handschellen klicken. Jetzt wird der Beschuldigte der Justiz, also der Staatsanwaltschaft, und dann dem Gericht übergeben. Wie es dort weitergeht, erzähle ich in diesem Film. Die Anklage ist erhoben und nach sechs Verhandlungstagen weiß man, ob das Gericht dem Angeklagten die Tat nachweisen kann oder ob eine andere Person als Täter in Betracht kommt.
Um was geht es in diesem Film?
Eine junge Frau wird acht Jahre lang in einem Bunker gefangen gehalten und letztendlich getötet. Sie wird zwar schnell im Rhein gefunden, mühsamer ist es, die Tatorte und den Hergang zu ermitteln. Zuletzt führt ein kleines Detail zur Wahrheit. Interessant ist bei dem neuen Format auch, dass wir zeigen können, was während den Verhandlungsunterbrechungen so alles läuft.
Können Sie dazu schon etwas verraten?
Eine ganze Menge – von Nachermittlungen bis zu Manipulationen ganz übler Art. Eine enorme Presseresonanz. Es wird mit dem Leid der Angehörigen gespielt und versucht, mit dem Leid des Opfers an Geld zu kommen. Alles Dinge, die auch “in echt” vorkommen können.
Was war für Sie das Neue an den Dreharbeiten für den Film?
Dass wir zum Beispiel für jede Einstellung alles mehrfach wiederholen mussten. Von vorne, von der Seite, von hinten, von nah, von weiter entfernt bis hin zum Einsatz eines Krans und von Drohnen. Allein für die drei kurzen Taxifahrten haben wir acht Stunden gedreht und der Kameramann hat sich überall hineingefaltet. Das Schwierigste für mich persönlich war, dass man bei einem Filmdreh immer wieder das Gleiche nochmal machen muss. Und das kann ich nicht gut. Ähnlich kann ich, gleich ist für mich Stress hoch drei, weil ich nur schwer auswendig lernen kann.
In dem Film arbeiten Sie natürlich mit echten Schauspielerinnen und Schauspielern. Wie war die Zusammenarbeit?
Sehr gut. Und für mich faszinierend, was sie alles können. Sie sind eins mit der jeweiligen Rolle, die sie verkörpern, sobald die Kamera läuft, und wieder sie selbst, wenn keine Kamera auf sie gerichtet ist. Ich bin immer nur Barbara Salesch. Sie ist die einzige Person, die ich kann. Meinen Juristinnen und Juristen ging es ähnlich. Nur sie konnten sich schneller Texte merken als ich. Sie sind eben doch deutlich jünger.
Bis 2012 haben Sie in über 2000 Folgen mitgewirkt, seit 2022 sind schon wieder 500 Folgen dazugekommen. Wie oft werden Sie auf der Straße erkannt?
Sehr oft.
Und wie sind die Reaktionen?
Positiv. Also man geht mit mir respektvoll und freundlich um. Es ist keineswegs so, dass irgendjemand kommt, mir auf die Schulter haut und sagt “Hi, Barbara”. Das möchte ich auch nicht. Aber “Frau Salesch, wie geht es Ihnen?” ist gar kein Problem. Man wächst da rein. Wenn man neu im Fernsehgeschäft ist, kann man sich das nicht vorstellen, aber es fängt ja langsam an und jetzt gehört es seit langem zu meinem Alltag.
Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie zum ersten Mal erkannt wurden?
Nein. Aber das wird nicht lange gedauert haben. Ich sage nur “Maschendrahtzaun”. Aber die ersten Jahre konnte ich noch ganz gemütlich durch die Stadt laufen, da passierte wenig. Nur irgendwann war es mir dann auch ein bisschen viel. Deshalb bin ich in die Eifel gezogen, um mehr Ruhe zu haben. Dort habe ich übrigens das Landleben kennengelernt und liebe es bis heute. Aber ich lebe ja davon, dass ich im Fernsehen arbeite, und dann dürfen die Zuschauer mich auch ansprechen.
Können die Menschen zwischen Ihnen als Privatperson und TV-Persönlichkeit unterscheiden?
Die roten Haare sind und waren Barbara Saleschs Markenzeichen.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Bestimmt, aber auf der anderen Seite bin ich im Fernsehen genauso, wie ich im Alltag bin. Ich sehe da keinen großen Unterschied. Es wäre mir auch zu anstrengend, mich zu verstellen. Und wenn Sie so viele Sendungen haben, könnten Sie das gar nicht durchhalten. Der Zuschauer weiß sehr genau, was gespielt und was authentisch ist.
Sie hatten 2012 Ihre Karriere als TV-Richterin vorerst beendet und haben sich der Kunst gewidmet. Das ist doch eigentlich total gegensätzlich zu den nüchternen Rechtswissenschaften, oder?
Juristen haben oftmals mehrere Begabungen, vielleicht nicht ganz so oft in der bildenden Kunst wie ich. Deutlich verbreiteter ist Musik und vor allem Literatur. Man muss auch als Jurist Fantasie haben. Ein Strafrichter ohne Fantasie wird Probleme bekommen. Mein Ausbilder bei der Staatsanwaltschaft hat immer gesagt: “Als Staatsanwalt brauchst du zwei Eigenschaften: Die Genauigkeit eines Oberbuchhalters und die Fantasie einer Puffmutter.” Du musst sehr genau, sehr penibel sein. Doch nur damit allein kommst du nicht weiter. Du musst auch eine wirklich reiche Fantasie haben. Denn die haben dir deine Täter voraus. Da musst du folgen können. Vordenken können. Also an Fantasie hat es mir nie gemangelt. Und die brauche ich auch für meine künstlerischen Arbeiten. Schon vor meinem Jurastudium habe ich gezeichnet und gemalt und ich hatte in Hamburg immer nebenbei mein Atelier. Ich wusste nur immer, davon kann ich nicht leben.
Das heißt, wenn Sie davon hätten leben können, wären Sie nur bei der Kunst geblieben?
Kunst ist für Barbara Salesch viel mehr als ein Hobby.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Wenn ich davon hätte leben können, hätten wir uns im Fernsehen nicht kennengelernt. Warum auch? Kunst ist für mich weder Beschäftigungstherapie noch Hobby. Ich setze mich ernsthaft damit auseinander und es ist auch ganz schön anstrengend. In den ersten Jahren habe ich Bildhauerei bevorzugt, inzwischen mache ich Holzschnitte (ein Druckverfahren). Wer sehen will, wie ich arbeite und was ich mache, kann auf die Website meiner Galerie gehen. Momentan habe ich nicht so viel Zeit und mache höchstens eine Ausstellung im Jahr. Wo und wann kann man dort nachlesen.
Was war am Ende die Motivation, vor drei Jahren ins Fernsehen zurückzukehren?
Ich wollte es dann doch noch einmal wissen. Ganz wichtig war auch, dass es die frühere Produktionsfirma war, die angeklopft hat. Wenn jemand Neues angekommen wäre, hätte ich direkt nein gesagt. So konnte ich mit Leuten zusammenarbeiten, die ich schätze, die mich kennen und wissen, wie ich ticke. Das ist auch keineswegs so einfach, weil ich schon sehr genau sage, wie ich es haben will. Und das leider sehr undiplomatisch. Das kann nicht jeder ertragen, aber sie schon.
Was glauben Sie, ist das Erfolgsrezept der Show?
Es gibt nicht so viele Leute in den Medien, die immer authentisch sie selbst sind – und ich glaube, das schätzt der Zuschauer einfach. Eine vernünftig ausgebildete, taffe und humorvolle Frau, die nachfragt, aber dann auch klar und verständlich sagt, was Sache ist. Als wir angefangen haben, war das Richterbild: männlich, grauhaarig mit Bart und einer unverständlichen Sprache und dann haben wir eine neue Seite aufgeschlagen.
Hätten Sie sich denn selbst mal vorstellen können, ein Verbrechen zu begehen oder sind Sie durch und durch gesetzestreu?
Ich habe mir darüber noch nicht wirklich Gedanken gemacht. Warum auch. Aber gelegentlich platzt mir schon die Hutschnur. Als Kind habe ich mich gut geprügelt, bis Jungs so weit waren, dass ich nicht mehr gewonnen habe. Dann habe ich mich aufs Wort verlegt und seitdem prügle ich mich nur noch verbal. Das kann ich eh besser. Ich habe auch mal Schokolade gestohlen. Bin dabei erwischt worden und da hieß es: Noch einmal und wir sagen es deinen Eltern. Das hat gereicht. Das wäre für mich entsetzlich gewesen. Danach habe ich nicht mehr viel angestellt. Ich brauchte mich nicht zu beweisen. Durch vorsätzliche Taten schon gar nicht. Aber fahrlässige Taten können jedem passieren. Sie fahren zum Beispiel rückwärts und sehen irgendjemanden nicht. Das waren immer die Fälle, obwohl es komisch klingt, die ich letztendlich am interessantesten fand. Diese leisen Fahrlässigkeitsdelikte, die jedem von uns passieren können. Mit manchmal fürchterlichen Folgen.
Sie feierten letztes Jahr 25-jähriges TV-Jubiläum und am 10. Juni gibt es um 20.15 Uhr einen Film für die Primetime. Was glauben Sie, wie lange werden Sie noch auf dem Richterstuhl sitzen?
Keine Ahnung. Es gibt nur zwei Voraussetzungen: Der Zuschauer muss mich mögen und ich muss Lust haben.
Wie sieht es mit der Lust aus?
Solange ich es kann und solange ich alles so gestalten und machen kann, wie ich es gut finde. Ich bin nicht unbedingt beratungsresistent, aber ich muss dahinterstehen können.
Mit Barbara Salesch sprach Mariana Jang.
Im 90-minütigen Film “Barbara Salesch – Der größte Prozess ihres Lebens: Die Tote im Rhein” rollt die Kult-Richterin am 10. Juni erstmal in der RTL-Primetime (und natürlich auch auf RTL+ im Stream) einen mysteriösen Mordfall neu auf.